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AUF DEM WEG (ON THE WAY)
Austria 1986-90 / 16 mm, black and white and colour
1:1,33 / commag / original version german - italian without subtitles
running time: 120 min. (25f/s)
cast: Christian Schmidt, Michael Kreihsl, Maria Schreiner, Susanne Schreiner, Leo Schreiner, Sandro Decleva
and many others
sound: Michael Kreihsl, Susanne Schreiner
cinematography: Peter Schreiner, Sandro Decleva
concept, realisation, editing, production: Peter Schreiner
supported by: Federal Ministry for Education, Arts and Sports,
City of Vienna administration, cultural department
world distribution: echtzeitfilm
Austrian Film Days 1989 (Premiere)
Wiener Dokumentarfimfestival 1990
Lendwirbel-Festival, Graz 2011
Freies Kino im Künstlerhaus, Vienna 2011
Austrian Film Museum, Vienna 2022
Film Archiv Austria Retrospektive 2022 / Vienna
a transcendental travelogue
The most magnificent expression of Schreiner’s longings and the culmination of his first period comes with Auf dem Weg. In this transcendental travelogue, the camera takes off and glides over volcanic landscapes, encompassing colour glimpses of Fra Angelico’s Pala dell’Annunciazione, children’s paintings and painting children, dedicated rehearsals of Elio Vittorini’s Conversazione in Sicila, (an important text for various Schreiner films: Straubians take note!), and a calmly riveting shot of a pregnant belly heaving, accompanied by the sound of breathing. It’s a quintessential motif in all Schreiner works: the sound of life itself spreading through the filmic space.
(Christoph Huber, Cinema Scope, 2010)
was zwischen den Tönen und Bildern liegt
Peter Schreiners Umgang mit dem Publikum ist sehr stark vom Streben nach Gemeinsamkeit getragen. Er lädt es ein, zwei Stunden Leben miteinander zu verbringen, als gemeinsamen Lebensabschnitt von Regisseur und Zuschauer. "Auf dem Weg" ist vollständig mit den technischen und gestalterischen Mitteln des Dokumentarfilms hergestellt. Möglichst einfache Ausrüstung; minimaler Eingriff in das Geschehen vor dem Objektiv; die Chronologie bleibt - bis auf die deutlich erkennbaren Einschübe - unangetastet; ein Konzept, das nicht mehr vorausbestimmt, als die Wahl der Person und die Wahl des Schauplatzes. - "Der eigentliche Eingriff bestand im Aufstellen der Kamera." - Als Wesen des Kinos sieht Schreiner das, was zwischen den Tönen und Bildern liegt; die Bilder, die im Betrachter entstehen. Der Film ist der Lattenzaun, der geschaffen wird, um die Zwischenräume herzustellen. Die Faszination, die der Regisseur-Kameramann beim Drehen erlebt, überträgt sich auf den Zuschauer. Das Alltägliche offenbart seine wunderbaren Seiten.
(Filmmagazin "Blimp", 1989)
Lebens-Promenade
Stadt der nass-glatten Steine - schwarz, über den Schaumkämmen verwehte Lichter. Bergpromenade - tiefschwarze Pfützen, Ohnmacht angesichts der sich
im Regensturm biegenden Bäume und Sträucher - bedrohlich helle Leuchtaugen der Krankensaalfenster unter uns am Hang. Kinderseelen verloren, hierher versetzt, alleingelassen, betäubt von der Träge
der tiefliegenden, dumpfen Häuser wir alle. Blick gegen die ferne Steilküste, die Lichter der Schiffe kleben am schwarz-matten Horizont, ein weicher Rand um sie herum. Regengepeitschte Schatten
der Zweige auf dem von Pfützen durchbrochenen Kiesweg dieser Lebens-Promenade. Freiheit im Davonlaufen auf das Schwarze zu mit halbgeschlossenen Lidern. Wassertropfen verwischen die Augenlichter.
Die Hände gefroren im Eisregen, rein vor den tiefsten Schatten auf der nassen Karst-Erde. Eine Angst gefriert heraus aus unseren bleichen Gesichtern: Einsamkeit beim Sehen der Umrisse der jeweils
anderen vor dem Raum-Bild dieses Weges über dieser Stadt, über diesem Meer - die Umrisse wandeln auf einem unsicheren Pfad - die Steinränder der Promenade sind abschüssig, nasses Laub vom Herbst
fängt uns auf. Die Lichter unten drängen durch die Sträucher zu uns herauf. Die Kinder sind todmüde - die Gesichter aller sind unverzerrt, ja froh.
(aus dem Konzept, 1986)
Vereinzelt blickt Peter Schreiner selbst vom Bildrand in die Kamera. In dieser Hinsicht zeugt der Film nicht nur von der Perspektive einer Suche, sondern wohl auch von der einer Entdeckung. Man hat zunächst Mühe, diesem Blick zu folgen. Erst allmählich stellt sich ein gewisses Vertrauen zu den Bildern ein, was paradox ist, da sich letztlich Schreiner mit diesen Bildern dem Publikum anvertraut. Anstatt sich den Bildern hinzugeben, stürzen sie auf einen herein. Infolgedessen verhielt sich auch das Publikum ungewöhnlich unruhig, vor dem der Film anlässlich des dok.at-Jubiläums im Filmmuseum gezeigt wurde. Die Bilder, so subtil und verträglich sie auch wirken mögen, verlangen etwas ab. Etwas, das man vielleicht vor dem Kino zurückgelassen hat? (...) Wäre es den Bildern angemessen, sie einfach nur anzuerkennen oder muss das Auge ihnen eine besondere Bedeutung zukommen lassen?
Springt der Funke des Films zwischen Autor und Publikum nur über, wenn beide eine bestimmte Vorstellung von Film im Allgemeinen teilen? Oder ist das Gegenteil der Fall: Sie müssen sich aneinander reiben?
Ein Film sei ein Haus, sagte Peter Schreiner im anschließenden Gespräch mit Barbara Wurm. Ein Haus ist ein Ort, in dem man sich einrichten kann, den man nach eigenem Belieben gestaltet. Aber ein Haus ist auch ein Ort, bei dem man in der Regel die Tür schließt, nach dem man über die Schwelle getreten ist. Ein Haus hat eine Adresse, einen Anfahrtsweg und manchmal auch eine Hecke, über die man hinwegspähen kann. Aus dem Gestrüpp des Gartens ragt versteckt eine Fassade heraus. Durch die Fenster lässt sich Leben in den beleuchteten Zimmern erahnen. Immer wieder ertappe ich mich selbst bei einem nächtlichen Heimweg, mit Blicken einen Moment zu lang an den Fenstern festzuhängen, meinen Vorstellungen über die Fremden nachzuhängen. Angekommen, schaue ich aus dem Fenster zurück auf die Haltestelle vor unserem Haus – tagsüber gefüllt von Menschen, die sich auf die Füße treten und nachts wie leergefegt. Ohne Zweifel liegt der Unterschied zwischen Filme machen und Filme schauen darin, an welcher Stelle man sich befindet, die Frage ist vielleicht nur, ob man über die Schwelle tritt, auch wenn die Tür offensteht.
(Ronny Günl, Jugend ohne Film, 2022)
zwischen den wärmenden Zimmern und der Wildnis
den Begriff "Kultur" überlegen und will ihn in ein Verhältnis zur Natur bringen.
Die Frage nach "Kultur" ist die Frage: "woher komme ich?" -
WO kann ich mich bewegen?" - "was ist mir vertraut?"
Eine Welt aus Spielzeug und warmem Licht vergleichen mit der unbegreiflich weiten, uns sosehr anziehenden doch drohenden Welt draußen, in der wir
nutzlos dastehen - allein zwischen Bäumen, auf den Felsen, auf dem Erdboden, frierend, hungernd...
Die kleine Welt in der wir aufwachsen - und draußen das Bedrohliche, nach dem wir uns sehnen.
Sehnsucht nach Geborgenheit:
in einer möglichen menschlichen Kultur und draußen unter den Sternen.
Das Leben als tätiges Warten auf den Tod, Sinn im Heranwachsen und Lernen.
Mein Sohn wurde geboren - und gemeinsam mit diesem Kind, das heranwächst, soll der Betrachter die Welt neu erleben.
Gleichzeitig Annäherung an den Augenblick des Todes, in dem plötzlich ein ganzes Leben - wie in einer Überschau - daliegt, als eine Abfolge von
Erinnerungen.
Still beobachten, wie die Zeit "vergeht".
Die einzelnen Gedankenebenen zusammenführen-
Personen sollen miteinander in Verbindung treten, fortdauernd zusammen spielen, einander entdecken, einander unterscheiden-
Zeigen, wie alle diese gemeinsamen Wege wieder bei uns selbst enden.
Diesen Widerspruch erfassen und eine Lebensmöglichkeit beschreiben.
Der Film soll in meinem Leben entstehen, nicht getrennt davon oder abgehoben.
(Peter Schreiner, 1987)
cast:
Antonio Cotroneo
Christian Schmidt
Daniela Ramharter
Leo Schreiner
Maria Schreiner
Michael Kreihsl
Peter Schreiner
Sandro Decleva
participants of "Circus Barley"
collaborators and visitors of the Viennese Observatory
and many others
Fra Angelico
Pala dell' Annunciazione, approx. 1433, Museo Diocesano, Cortona
Elio Vittorini, Conversazione in Sicilia, Einaudi Editore, Torino,
by kind permission of Agenzia Letteraria Int., Milano
Johann Sebastian Bach, The Art of the Fugue, Contrapunctus 19,
Krisper Stringquartet
song -Improvisation: Christian Schmidt
Piano: Michael Kreihsl
sound:
Peter Schreiner, Michael Kreihsl, Susanne Schreiner
cinematography:
Peter Schreiner, Sandro Decleva
production management, realisation, image, editing:
Peter Schreiner
titles:
Alfabetstudio, Michael Zügner
supported by:
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Sport,
Kulturamt der Stadt Wien
available prints:
1) standard-16 mm print , magnetic soundtrack , 1:1,33, black and white, color parts,
original version (german, italian), no subtitles
(Film Collection of the Austrian Film Museum, Vienna, world distribution: echtzeitfilm)
2) U-Matic-Lowband
(Film Collection of the Austrian Film Museum, Vienna)
Arbeits-Fotos
work-photos
Plakat - Foto
poster photo
all texts, videos, pictures, document presentations etc. may be used, as long as the origin is marked by a link to www.echtzeitfilm.at
and no commercial aim is pursued.